8.-10.  Oktober 2010 in Lampertheim-Hüttenfeld

Von der Sowjetzeit zur Unabhängigkeit: Litauen in der Zeitenwende

30. wissenschaftliche Jahrestagung des Litauischen Kulturinstituts in Deutschland mit Reden, Kunst und Musik


Am 8. Oktober 2010 hat im Lampertheimer Schloss Rennhof die 30. wissenschaftliche Jahrestagung des Litauischen Kulturinstituts (LKI) stattgefunden. Sie wurde zusammen mit dem Nordost.-Institut und in Zusammenarbeit mit der Botschaft der Republik Litauen durchgeführt. Am Freitagabend eröffnete Dr. Vincas Bartusevičius, der Vorsitzende des LKI, die Tagung.


Als besondere Ehrengäste begrüßte er den litauischen Botschafter in Berlin, Mindaugas Butkus, Litauens stellvertretende Ministerin für Bildung und Wissenschaft, Dr. Nerija Putinaitė, Inigo Fürst von Urach sowie die Honorarkonsuln der Republik Litauen in Deutschland Hans-Friedrich Saure (Hamburg) und Achim Naumann (Frankfurt).

Nach Bartusevičius begrüßte auch Dr. Joachim Tauber, Direktor des Nordost-Instituts in Lüneburg, die anwesenden Tagungsteilnehmer.

Ein Grußwort sprach auch Botschafter Mindaugas Butkus. Er freute sich, dass die Litauer in Deutschland weiterhin aktiv seien und dies auf sehr hohem wissenschaftlichem und kulturellem Niveau. „Dies ist ein Beitrag zur Bereicherung des kulturellen Lebens in Deutschland. Es ist wichtig, dass Deutschland so viel wie möglich über Litauen erfährt. So entstehen Brücken. Diese zwischen einzelnen Litauern und Deutschen entstandenen Brücken sind sehr wichtig, wichtiger als Kontakte auf Regierungsebene.“


Der Vorsitzende der Litauischen Gemeinschaft in Deutschland, Antanas Schugschdinis, und die Direktorin des Litauischen Gymnasiums, Frau Bronė Narkevičienė, beglückwünschten das Litauische Kulturinstitut zu der Jubiläumstagung und wünschten ihm auch für die kommenden Jahre viel Erfolg.

Im Anschluss an die Begrüßung begann die wissenschaftliche Tagung. Die Konferenzsprache war Deutsch, unter den Teilnehmern befanden sich auch viele deutsche Teilnehmer. Zunächst stellte Dr. Joachim Tauber (Lüneburg) der Versammlung die Ziele und Aufgaben des Nordost-Instituts vor. Anschließend sprach Hardy Mett (Leonberg) über „Die Landsmannschaft der Deutschen aus Litauen im Wandel der Zeit“, und im letzten Kurzreferat am ersten Abend sprach der Leiter des LKI Dr. Vincas Bartusevičius (Wittlich) über „30 Jahre LKI: Rückblick und Ausblick“.

Nach den Wortbeiträgen trat am ersten Abend die bildende Kunst in den Vordergrund. In den Konferenzräumen des Schlosses Rennhof eröffnete die Malerin und Grafikerin Jurgita Nowak-Savickaitė (Rastatt) eine Ausstellung ihrer Werke. Die Eiführung sprach der Direktor des Europäischen Litauischen Kulturzentrums, Rimas Čuplinskas.

Der Samstag wurde von vier großen Vorlesungen mit jeweils anschließender Aussprache ausgefüllt. Am Vormittag sprach zunächst Dr. Arūnas Streikus (Vilnius) über „Litauens Weg zum Sąjūdis: Kirche und Kulturelite zwischen Anpassung und Widerstand“, gefolgt vom Referat „Überbleibsel der Sowjetzeit im Selbstverständnis des heutigen Litauen“ von Dr. Nerija Putinaitė (Vilnius). Die erste Vorlesung am Nachmittag las Prof. Dalia Balsytė (Vilnius) über „Das Schaffen des litauischen Komponisten Eduardas Balsys in der Epoche des Übergangs von der Sowjetzeit zur Unabhängigkeit“. Den letzten wissenschaftlichen Vortrag des Tages hielt Andrejs Urdze (Bonn) über „Die Baltischen Staaten – Eine Erfolgsgeschichte? Zur sozialen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklung seit der Wiedergewinnung der Unabhängigkeit“

Am Sonntagvormittag sprach Maic Witte (Klaipėda) über „Deutsch-Litauische Beziehungen der letzten 20 Jahre: Konkrete Fallbeispiele aus Städtepartnerschaften, Schulen, Jugendprojekten und wirtschaftlicher Zusammenarbeit beider Länder mit Verbesserungsvorschlägen für die Zukunft“. Nach dem Auswertungs- und Abschlussgespräch endete mit dem gemeinsamen Mittagessen die 30. wissenschaftliche Jahrestagung des Litauischen Kulturinstituts.

Am Samstagabend hat im Rahmen der wissenschaftlichen Tagung des Litauischen Kulturinstituts im großen Saal des Schlosses Rennhof ein klassisches Konzert stattgefunden. Der Bariton Dainius Puišys (aus Vilnius) sang Arien und klassische Lieder, während die Pianistin Dalia Balsytė (auch aus Vilnius) ihn am Klavier begleitete und Lyrische Stücke für Klavier von J. Brahms sowie zwei Präludien von M. K. Čiurlionis vortrug.

Nach dem klassischen Konzert am Abend waren alle eingeladen, am Empfang des Botschafters der Republik Litauen und dem geselligen Beisammensein teilzunehmen.

Am Sonntag Nachmittag trafen sich noch die Mitglieder des Kulturinstituts zu ihrer Jahresversammlung. Das Institut, das neuen Mitglieder zählt, wird geleitet von Dr. Vincas Bartusevičius, stellvertretender Vorsitzender ist Dr. Willy Lehnert (Stegen im Breisgau). Schriftführer und Leiter der wissenschaftlichen Bibliothek des Instituts ist Dipl.-Bibl. Arthur Hermann (Bammental).
 

Petras Verselis

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Wertvolles Geschenk

Aus Anlass der 30. Jahrestagung hat der ehemaliger Schüler des Litauischen Gymnasiums, Herr Manfred Ammon, dem Litauischen Kulturinstitut eine Faksimileausgabe der Litauischen Postille von 1537 geschenkt.

Die erste bisher bekannte litauische Predigtensammlung ist die Handschrift der evangelischen Litauischen Postille von 1573, auch „Wolfenbütteler Postille“ genannt: Ischguldimas evangeliu per wisus mettus. Das weltweit einzige Exemplar wird in der Herzog August Bibliothek aufbewahrt.

Die Postille stellt einen der längsten zusammenhängenden litauischen Texte des 16. Jahrhunderts dar (299 Blätter in folio) und ist somit ein Sprachdenkmal von unschätzbarem Wert. Die Postille besteht aus zwei Teilen: 29 Predigten von Advent bis Ostern und 41 von Ostern bis Advent. Die Predigtensammlung ist eine Übersetzung von mehr als zehn Autoren (hinter 31 Predigten stehen Autorennamen als Quellenangaben). Die Predigten wurden aus dem Lateinischen übersetzt.

Die Edition und Kommentierung der treu transkribierten Postille erschließt das Werk als literarisches, sprachgeschichtliches und kulturhistorisches Dokument.

Die litauische Wolfenbütteler Postille von 1573 [(insgesamt 2 Bände/Teile) Faksimile, kritische Edition und textkritischer Apparat herausgegeben von Jolanta Gelumbeckaitė]:

Band 1: Faksimile, kritische Edition und textkritischer Apparat
vii, 1200 Seiten, 600 Faksimile Illustrationen.
Band 2: Einleitung, Kommentar und Register
lxxx, 408 Seiten, 43 Faksimile Illustrationen.

Manfred Ammon (r) überreicht das Geschenk

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